Verband der Sportboot- und Schiffbau-Sachverständigen

Holzboote - Dem Holzwurm auf den Zahn fühlen

Holzboote stellen immer noch für viele Enthusiasten die Kunst des wahren Bootsbaus dar. Kein Zweifel, ein Holzboot verzaubert seinen Betrachter mit einem unvergleichlichen Charme von Eleganz, Ästhetik und dem Flair früherer Handwerkskunst. Damit sich dieser Zauber nicht gar als fauler Zauber entpuppt, ist es bei näherem Interesse oder gar einer Kaufabsicht sehr ratsam das Dornröschen vor dem Wachküssen auf Herz und Nieren zu prüfen.

Andreas Krause, Bootsbaumeister und langjähriger Sachverständiger im VBS ist ebenfalls leidenschaftlicher Holzbootliebhaber. Zu eigen ist ihm neben seiner Leidenschaft und Affinität zu Holz aber auch die Ausbildung und Erfahrung im Umgang mit diesem speziellen Werk­stoff. Zur Veranschaulichung führt er uns im Filmbeitrag durch die Be­gut­achtung eines 20er Jollenkreuzers aus dem Jahr 1948. Bereits das Baujahr gibt ein Indiz über die beeindruckende mögliche Langlebigkeit des Materials, allerdings auch die Notwendigkeit einer eingehenden Untersuchung. 
Die Bestandsaufnahme für das Gutachten beginnt zunächst mit einer peniblen Inaugenscheinnahme des Äußeren. Gibt es Risse, augen­scheinlich defekte Bauteile, oder gar sichtbare Reparaturen oder Um­bauten? Bootsbaumeister Andreas Krause startet mit der Schiebe­luke und Ihrer Funktion, prüft Stabilität und Integrität des Kajütdaches, sowie des Decks. Auch die Fenster sowie sämtliche Beschläge werden einer genauen Inspektion unterzogen. Hierbei spielen die Sinne und Wahrnehmung eine große Rolle. Sehen, Fühlen, Hören des Klangs beim Abklopfen. Der Zustand eines Holzbootes lässt sich im wahrsten Sinne des Wortes begreifen, vorausgesetzt man hat die nötige Sachkenntnis und Erfahrung. 
Die Ergebnisse oder etwaige Auffälligkeiten werden dokumentiert und bilden die Grundlage für das spätere Gutachten. Anschließend geht es unter Deck weiter. Bereiche mit größerer Krafteinleitung, insbesondere im Bereich des Decks werden verstärkt ausgeführt, man spricht hier von Dopplungen. Diese Bereiche sind sensibel, da hier zum einen größere Kräfte aufgenommen werden müssen, vielfach aber auch bauartbedingt Feuchtigkeitsnester entstehen können. Weiches oder rottes Holz aufzuspüren ist hierbei eine der Hauptaufgaben bei der Untersuchung. Als organischer Werkstoff kann Holz innerhalb relativ kurzer Zeit von Wasser oder Feuchtigkeit zerstört werden oder seine Festigkeit verlieren.  
Weitere Neuralgische Punkte in diesem Zusammenhang sind Spant­köpfe, also das obere Ende der Spanten unter Deck, sowie auch die Spanten im Bodenbereich und des Kimmradius. Hier können sich neben Feuchtigkeitsschäden auch Risse oder Brüche in den Kon­struk­tionselementen zeigen. Auch die Verbindung von den äußeren Planken zu den Spanten hin (in unserem Fall genietet) ist ein neuralgischer Punkt. Unsere betagte Schönheit zeigt sich hier durchaus von ihrer besten Seite.Zu Guter Letzt wird noch die Bilge des Bootes inspiziert. Ein Bereich in dem per Definition meistens Wasser zu finden ist, da sich jedwedes eingedrungene Wasser schwerkraftbedingt an der tiefsten Stelle sammelt.  
Das zunächst dunkel bis schwärzlich wirkende Holz hat seine Farbe glücklicherweise von imprägnierenden Ölen, nicht von eigedrungener Feuchtigkeit. Unser Gutachter prüft mit einem kleinen Messer die Fes­tig­keit und Härte der Holzoberfläche und ist vom Ergebnis durchaus angetan.

Bei der Überprüfung aller Abteilungen der Bilge bleibt ein Segment, welches eingedrungenes Wasser beinhaltet, für eine weitere Be­trachtung im Fokus. Die Herkunft das Wassers kann nicht ohne wei­teres geklärt werden, ein Rauskranen des Bootes soll hier weitere Erkenntnisse zulassen. An Land und nach entsprechender Reinigung des Unterwasserschiffes, lassen sich weitere Bereiche betrachten und abklopfen. Eine frühere Reparaturstelle, wenn auch optisch und fach­lich nicht als Optimum ausgeführt, entpuppt sich bei genauerer Be­trach­­tung als gesund und unkritisch. Allerdings lässt sich nun auch die Ursache für das eingedrungene Wasser klären. Ein kleiner Spalt an der Nahtstelle zwischen Vorsteven und Kiel ist hierfür verantwortlich. An dem mittlerweile getrockneten Unterwasserschiff bleibt dieser Bereich sehr deutlich als feucht und wasserführend zu erken­­­nen. Dennoch lässt sich dem Boot abschließend vor dem Hintergrund des Baujahres ein guter Gesamtzustand attestieren. Mit den Aufzeichnungen der Untersuchung wird Bootsbaumeister Andreas Krause später ein entsprechendes Wertgutachten mit Markt- und Versicherungswert erstellen.
Dem Eigner bleibt das gute Gefühl einer soliden Beurteilung seiner „Märchenbraut“. Ein böses Erwachen nach dem Ja-Wort ist somit nicht zu erwarten, der Wert des Bootes ist belastbar dokumentiert und stellt damit auch eine wertvolle Ergänzung zum Kauf oder zur Versicherung des neuen Kleinods dar. 


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